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Der Ambiguitätseffekt
Wir ziehen lieber ein bescheidenes, aber bereits bekanntes Ergebnis vor, als zu riskieren, mehr zu bekommen, ohne Garantien zu haben. Daran ist der Ambiguitätseffekt schuld.
In einem Experiment wurden zwei Eimer mit farbigen Murmeln vor die Teilnehmer gestellt. Der erste enthielt 50 rote und 50 schwarze Kugeln, bei dem zweiten blieb das Farbverhältnis ein Geheimnis. Man musste sich für einen Eimer entscheiden und auf die Farbe wetten.
Wer richtig lag, bekam 100 Dollar, wer falsch lag, bekam nichts und verlor nichts. Die Teilnehmer wählten eher den ersten Eimer, bei dem die Gewinnwahrscheinlichkeit und das Verlustrisiko bekannt waren. Obwohl die Gewinnwahrscheinlichkeit bei der Wahl des zweiten Eimers durchaus höher gewesen sein kann – zum Beispiel, wenn alle Kugeln darin die gleiche Farbe hatten.
Dieser Effekt funktioniert nicht nur in Experimenten, sondern auch im wirklichen Leben.
Wir entscheiden uns eher für einen Job mit einem kleinen, aber stabilen Gehalt als für einen, der nur einen Prozentsatz des Umsatzes oder Gewinns abwirft. Auch wenn im letzteren Fall das Einkommen wesentlich höher sein kann. Und wir nehmen eher einen langen, aber vertrauten Weg nach Hause, als dass wir das Risiko eingehen, einen neuen, vielleicht kürzeren und bequemeren Weg zu gehen. Übrigens hat diese Situation, in der ein unbekannter Weg schwieriger und länger erscheint als ein bekannter, einen eigenen Namen – den Well-Traveled-Road-Effekt.
Abweichung vom Status quo
Diese kognitive Falle ist dem Ambiguitätseffekt sehr ähnlich. Eine Person möchte, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind, d. h. dass der Status quo erhalten bleibt. Auch wenn der aktuelle Zustand nicht sehr zufriedenstellend ist.
Während des Experiments wurden die Teilnehmer gebeten, sich für eine Krankenversicherung, ein Anlageinstrument oder – das aussagekräftigste Beispiel – einen politischen Kandidaten zu entscheiden. Es zeigte sich, dass die Menschen eher bereit waren, jemanden wiederzuwählen, der bereits im Amt war, als das Risiko einzugehen, dem neuen Kandidaten eine Chance zu geben.
Auch hier ist – wie beim Ambiguitätseffekt – der Informationsmangel schuld. Aber er ist nicht der einzige.
Es gibt auch die Angst vor Veränderungen, die Angst, Verantwortung zu übernehmen und die „Verlustaversion“: Es fällt uns leichter zu akzeptieren, dass wir keine tausend Rubel bekommen, als zu akzeptieren, dass wir das Geld verlieren werden. Die Titte in der Hand statt des Schreckgespenstes im Himmel.
Der Eigentumseffekt und der Appell an die Tradition
Zu den kognitiven Verzerrungen, die uns das Unbekannte fürchten lassen, gehört der „Besitztumseffekt“. Er führt dazu, dass wir das, was wir bereits haben, mehr schätzen als das, was wir haben könnten. Und „Appell an die Tradition“ bedeutet, dass wir glauben, dass vertraute und bekannte Ansätze besser sind als neue.
Wir denken zum Beispiel, dass wir uns bei einer Erkältung (und vor allem, wenn ein Kind krank ist) in drei Decken einwickeln, alle Fenster schließen, viel essen und über einem Topf mit heißem Wasser atmen sollten – weil unsere Mütter, Großmütter und Urgroßmütter das so gemacht haben. Inzwischen rät die Ärzteschaft vom Gegenteil.
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